Kinder auf der wilden Weide
Leif beäugt respektvoll die kleine Rinderherde unter dem Gebüsch in wenigen Schritten Entfernung. Mit beiden Händen hält er seinen Wanderstock fest. „Die haben Hörner.“ bemerkt er trocken. Lonie kniet am Boden und untersucht mit dem Löffel, was eindeutig mal aus einer Kuh gekommen ist. „Bingo!“ ruft sie, „Dieser Fladen ist bewohnt!“ und nimmt eine Probe für den Neigungsunterricht „Erlebnis Natur“.
Die zehn Kinder der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule in Kiel erforschen heute eine wilde Weide mit schottischen Hochlandrindern als Landschaftspfleger. Schon auf den ersten Blick fällt den Sechsklässlern auf, was die Weide von den benachbarten Grünlandflächen unterscheidet. „Da unten ist ein kleiner Teich mit Gänsen drauf.“ stellt Yonah fest. Und es wüchsen ganz viele unterschiedliche Pflanzen hier – nicht nur Gras. Eine genauere Untersuchung lässt die Kinder bald vermuten, warum die Pflanzen- und Tierwelt auf der wilden Weide so vielfältig und abwechselungsreich ist: Offensichtlich liegt das an den weidenden Kühen und ihren Hinterlassenschaften… Denn wo leckerer Klee wächst, wird alles ratzeputz kurz gefressen. Wo hingegen die harten Stiele der Seggen stehen, ist Ruhe vor den rauen Zungen der Rinder, wie die vielen zarten Spinnennetze zeigen. Und wie aus einem dampfenden Kuhfladen über die Zeit ein Düngerklecks wird, erforschen die jungen Wissenschaftler mit besonderem Eifer.
Das Neigungsangebot „Erlebnis Natur“ soll den Schülerinnen und Schülern helfen, ihr Verständnis für das Zusammenleben von Tieren und Pflanzen spielerisch zu stärken. „Jede Forschung beginnt mit Beobachtung und Reflexion“ freut sich Geniessenschaftler Stefan Johnigk, der das Neigungsfach der Kieler Gemeinschaftsschule betreut. „Und was die Kinder hier im schulischen Umfeld lernen, lässt sich auf jeden Bauernhof mit Feriengästen und Kinderbesuch übertragen.“