Geniessenschaftler zieht Leine!

Miesmuscheln sind hartnäckige Siedler. Was bei drei nicht aus dem Wasser ist, wird von ihnen als Sitzplatz besetzt. Für Segler und Schiffer ist es äußerst lästig, wenn die schalenbewehrten Weichtiere ihren Schiffsrumpf zum Wachsen und Gedeihen wählen. Geniessenschaftler Dr. Tim Staufenberger dagegen weiß das zu schätzen. Er zieht spezielle Leinen im Wasser und läd alle Muscheln damit herzlich ein, auf seiner Farm zu siedeln.

Geniessenschaft Meeresfarm Muschelkultur

Miesmuscheln kann man nicht nur essen. Sie sind auch äußerst wertvolle Partner für den Menschen, wenn es um die Gesundung der Meere geht. Alleine die kleine Kieler Meeresfarm, auf der Dr. Tim Staufenberger nach ökologischen Richtlinien Lebensmittel aus dem Meer erzeugt, filtert einmal pro Tag das gesamte Wasser der Kieler Förde. Deshalb werden die Muscheln auf der Farm von öffentlicher Seite als lebende Frühwarnsysteme eingesetzt. „Es gibt wohl kein anderes Lebensmittel, das so genau und häufig auf Unbedenklichkeit geprüft wird wie unsere kleinen Umweltwächter hier“, lacht der Biologe. „Und tatsächlich ist kein tierisches Eiweiß nachhaltiger und umweltverträglicher als Miesmuschelfleisch.“

Geniessenschaft Muschelgericht Meeresfarm

Der Grund dafür ist so einfach wie einleuchtend: Miesmuscheln leben vor allem von schwebenden Kleinstlebewesen, dem Plankton. Diese Nahrungsquelle ist dem Menschen verschlossen. Plankton können wir nicht essen. Muscheln schon. „Wie das raue Gras auf den Weiden erst durch Weidetiere für die menschliche Ernährung nutzbar gemacht wird, setzen meine Muscheln die Primärproduktion des Meeres in essbares Protein um“, erklärt der Meereswissenschaftler Dr. Staufenberger. Und diese Umsetzung geschieht auf der Meeresfarm gänzlich ohne synthetische Düngemittel, ohne Antibiotika und mit minimalem Einsatz von Energie. Ökologischer kann Lebensmittelerzeugung kaum funktionieren.

Viel Handarbeit und Fingerspitzengefühl sind allerdings vonnöten. Wenn die jungen Muscheln auf den speziellen Leinen Fuß gefasst haben und angewachsen sind, versetzt der Meeresfarmer sie nach Größen sortiert in spezielle Aufzuchtgeräte, sogenannte Muschelsocken. Und ein bisschen „gedüngt“ werden die Muscheln auf der Meeresfarm schon – aber nicht vom Farmer, sondern von ihren Nachbarn. Auf den Langleinen, an denen die Muschelsocken hängen, bis die Muscheln darin eine Größe von etwa sechs Zentimetern erreicht haben, wachsen auch essbare Algen heran. Tier und Pflanze profitieren voneinander und gedeihen in dieser partnerschaftlichen Kultur viel besser als alleine.

Geniessenschaft Meeresfarm Algenkultur

Mit Hilfe der Geniessenschaft sucht der Kieler Meeresfarmer nun deutschlandweit Unterstützer, die mit ihm Leine ziehen. Die kleine Farm soll größer werden und neue Langleinen als Sitzplätze für Muschelnachwuchs im Wasser gezogen werden. Geniessenschaftler können mit ihrer Beteiligung Pate für  Leinenmeter mit Muschelsocken werden. Muschelsocken über dem Kamin? Das wäre mal ein ökologisch nachhaltiges Weihnachtsgeschenk!